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Selbstbewusstsein

Mit Selbstbewusstsein verbinden wir viele positive Eigenschaften.

Selbstbewusste Menschen habe eine besondere Ausstrahlung, ein selbstsicheres Auftreten und denken eigenständig.

Sie wissen wer sie sind und welche Fähigkeiten und Stärken sie haben. Sie wissen was sie wollen und leben dies auch. Sie sind fähig intakte Beziehungen aufzubauen, haben einen Beruf der sie erfüllt und haben ein harmonisches Familienleben.

Dies alles wünsche ich mir auf jeden Fall für mein Kind. Und ich denke euch geht es ähnlich.

 

Aber was heißt Selbstbewusstsein eigentlich?

Denn Selbstbewusstsein heißt eigentlich nur – sich seiner Selbst bewusst zu sein.

 

Dieses Bewusstwerden vollzieht sich normalerweise ganz automatisch, während der Kindheit.

Ihr seht es an den Säuglingen, welche anfangen sich selbst zu entdecken. Später dann fangen die Kinder an ihre Umgebung zu entdecken und ihre Beziehung zu ihr. Sie lernen nach und nach ihre Fähigkeiten kennen. Lernen sich zu äußern und erfahren was sie mögen und was nicht. Sie erleben sich und sich in der Welt um sie herum.

Leider findet diese Entwicklung schon seit vielen hundert Jahren bei den meisten Menschen nicht mehr natürlich und störungsfrei statt.

Auch wir haben diese Entwicklung nicht vollzogen. Ich denke jeder von euch ist auf dem ein oder anderen Gebiet alles andere als Selbstbewusst.

 

Wie aber können wir für unsere Kinder ein Umfeld, eine Welt schaffen, in welcher sie sich voll entfalten können?

 

Das Kind braucht erst einmal zwei Dinge: Sicherheit und Freiheit

 

In Sachen Sicherheit ist Bindung das entscheidende Stichwort. Bauen wir eine sichere Bindung zu unseren Kindern auf, dann wissen sie, dass sie immer zu uns kommen können, egal was ist. Sie wissen, dass wir sie nicht verlassen, nur weil sie sich nicht so benehmen wie wir es gut finden. Daher haben sie die Freiheit sich voll und ganz auf sich zu konzentrieren.

Ist die Bindung nicht sicher, sind sie viel Zeit damit beschäftigt zu ergründen, was sie machen müssen um nicht verlassen zu werden. Und diese Zeit fehlt ihnen dann schlicht. Außerdem trauen sie sich viele Sachen nicht zu: Aus Angst etwas falsch zu machen.

Geben wir ihnen also die Sicherheit können sie sich ausprobieren, erkunden und kennenlernen.

 

Um dies zu können brauchen sie allerdings auch die Freiheit sich auszuprobieren.

Überängstliche Eltern, welche ihre Kinder vor jedem blauen Fleck und jeglicher Enttäuschung bewahren wollen, beschränken diese Freiheit oft. Dies tun sie natürlich aus Liebe und aus Angst. Loszulassen und Vertrauen zu entwickeln ist ein wichtiger Schritt für diese Eltern.

 

Nun gibt es aber noch einen ganz entscheidenden Punkt, damit Kinder selbstbewusst werden können.

Sie brauchen Vorbilder.

Kinder lernen v.a. über Vorbilder. Ihre Vorbilder sind die Menschen, welche ihnen am nächsten sind, mit denen sie sich verbunden fühlen. Dies sind hauptsächlich die Eltern.

 

Nun müssen wir uns als Eltern natürlich fragen: Bin ich selbstbewusst?

Lebe ich selber das Leben, welches ich mir für meine Kinder wünsche? Weiß ich denn was ich will und lebe danach? Treffe ich immer eigenständige Entscheidungen? Oder gebe ich vielleicht doch in vielen Bereichen die Verantwortung über mein Leben an andere ab?

Unser Problem ist es, dass wir selbst keine natürliche Entwicklung durchlaufen konnten. Weil wir eben keine Vorbilder hatte, weil wir uns nicht sicher fühlten. Wir tragen viele Ängste und negative Glaubenssätze mit uns herum, welche in unserer Kindheit entstanden.

Und selbst, wenn wir die Theorie verstanden haben, scheitern wir oft an der praktischen Umsetzung.

Damit meine ich, dass obwohl wir vielleicht schon wissen, dass es die größte Angst unseres Kindes ist, verlassen zu werden und dies das Schlimmste ist, was es fühlen kann, wir ihm trotzdem manchmal durch Gesten und Äußerungen eben genau das suggerieren.  Oft geschieht dies sehr sehr unbewusst. Denn keiner möchte seinem Kind schaden. Wenn jemand diese Drohung bewusst verwendet, dann oft aus einem Gefühl der Machtlosigkeit heraus. Also aus Unvermögen, die Situation anders zu meistern. Und oft sind es einfach nur kritiklos übernommene Sätze aus der eigenen Kindheit oder von anderen Vorbildern.

Um ein kleines Beispiel zu zeigen möchte ich einen sehr oft gehörten und daher typischen Satz vorbringen:

Wenn du nicht gleich fertig angezogen bist, dann gehe ich alleine.

So oder so ähnlich reden viele Eltern. Bis zu einem bestimmten Punkt klappt es ja auch. Die Kinder ziehen sich schneller an.

Aber zu welchem Preis? In diesem Moment erleben sie ihre größte Angst. Die Angst verlassen zu werden, daher sind sie ja so motiviert sich dann zu beeilen. Natürlich nur bis zu dem Tag, an dem sie verstanden haben, dass ihre Eltern nicht einfach weg gehen. Aber dies ist kein Tag zum feiern, denn dann erleben sie einen enormen Vertrauensbruch. Denn sie wissen nun, dass auf das Wort der Eltern kein Verlass ist. Wenn sie also dort lügen, dann ja wahrscheinlich auch bei anderen Dingen.

Dies ist schon ein sehr deutliches Beispiel. Daher möchte ich euch noch ein subtileres aufzeigen:

Wie tief die Angst sein kann, zeigte mir mein Sohn manchmal, wenn er plötzlich regelrecht in Panik ausbrach, weil ich ihm nach  einem Streit oder Meckern den Rücken zukehrte. Auch ich musste und durfte dann von meinem Sohn lernen, ehrlich zu mir zu sein. Denn nach anfänglicher Ungeduld über dieses "übertriebene" Verhalten, habe ich mich gefragt, ob es denn berechtigt ist. Hat mein Umdrehen nicht genau das gemeint: "Ich will dich gerade nicht. Und wende mich daher ab von dir"?

Ihr seht daher, dass auch sehr subtile Gesten, diese Angst im Kind auslösen können.

 

Was können wir tun?

Wir können diese Entwicklung nachholen. Wir können anfangen uns kennenzulernen. In dem wir uns einfach mal zuhören, uns beobachten und in uns rein fühlen. Am besten wie ein außen stehender Beobachter, der ohne Wertung einfach mal schaut: Was sind da für Gedanken, Gefühle, Ängste, Ansichten, Wünsche und und und.

Schaue dir dein Leben an und überlege: Was würdest du gerne tun, wenn alles möglich wäre? Was hindert dich daran? Was macht dir eigentlich Spaß, wo hast du besondere Talente, welche du nicht lebst, weil du keine Zeit hast oder denkst, das braucht ja keiner?

Werde dir deines Selbst bewusst. Wer bist du? Was kannst du? Was willst du?

 

Dies ist ein Prozess, der mal mehr mal weniger lang dauert. Aber er lohnt sich.

Denn erstens wirst du glücklicher sein, mehr und mehr. Und wirst zu einem Vorbild für dein Kind. Das Kind sieht einen Erwachsenen der sein Leben im Griff hat, der auch Fehler macht und machen darf. Ein Erwachsener, welcher sich selbst ernst nimmt und liebevoll mit sich umgeht.

Diese Kinder haben einen lebenden Helden bei sich und ihr könnt euch sicher sein, dass sie auch so sein wollen.

 

Wollt ihr also selbstbewusste Kinder bzw. das eure Kinder selbstbewusste Erwachsene werden, dann ist der erste Schritt der, das ihr selber diese selbstbewussten Menschen werdet.

 

Fangt also an euch selbst zu entdecken. Und seid gerne auch mal Kind dabei.

 

Und nehmt die Hilfe eurer Kinder gerne an. Denn sie sind tolle Lehrer. Sie halten uns gerne einen Spiegel vor. In welchem wir sowohl das Positive, als auch das Negative von uns sehen. Und sie zeigen uns ebenso gerne direkt und prompt, wenn wir etwas zum Positiven in uns verändert haben.

 

 

(Dieser Text dient auch als Kurzvortrag für das Angebot: Wissensvermittlung und Austausch vom Lebensreich e.V.)